Große-Gewächse-Vorpremiere vom VDP in Wiesbaden, August 2017

Unser Gruß aus dem Weinkeller | Söl'ring Hof

Sommelière & “Meisterin der Weine 2017” Bärbel Ring durfte im August als eine von 120 exklusiv geladenen Sommeliers, Weinhändlern und Journalisten aus der ganzen Welt im Rahmen der Vorpremiere der VDP.GROSSEN GEWÄCHSE die neuen Jahrgänge vor Stichtag verkosten. Hier berichtet sie von ihrer Weinseligen Reise:

Es erinnert ein wenig an die Schulzeit: Wir sitzen in einem großen Saal an Pulten, zwei Blöcke à drei Reihen, mit reichlich Platz. Anwesend ist die komplette internationale Weinszene: Journalisten, Master of Wines, Sommeliers oder geladene Rieslingfreaks. Mein Platz ist in der zweiten Reihe. Sechs Gläser pro Teilnehmer sind eingedeckt, da es sich überwiegend um Sechserflights handelt. Alle Weine sind durchnummeriert. Ich habe mich in den vergangenen Tagen gut vorbereitet, da die Liste der zu erarbeitenden Weine unglaublich lang ist. Die gesamte Vielfalt ist an einem einzigen Tag nicht zu schaffen, deswegen habe ich mir die in meinen Augen interessantesten herausgeschrieben.

Es herrscht ein geschäftiges, durchorganisiertes Treiben, alle Mitwirkenden sind hochkonzentriert. Wie man an die gewünschten Weine kommt? Man notiert seine Platznummer auf einem Zettel und schreibt die Nummer des Flights, den man gern verkosten möchte, dazu. Einer der zahlreichen Helfer kommt und schenkt die Weine ein. Jetzt kann man sich entscheiden: da man nicht immer sämtliche Weine eines Flights probieren möchte (die Uhr die tickt die ganze Zeit), kann man entweder nur eine Auswahl des Flights bestellen, oder man lässt einfach die aus, die man nicht möchte, oder man probiert sie trotzdem – was zu guten oder schlechten Überraschungen führen kann.

Flight für Flight ein Highlight

Bei mir ging es mit Rieslingen los – erst von der Mosel, dann aus dem Rheingau, Nahe, Rheinhessen, Pfalz, Franken, gefolgt von Chardonnay aus Baden und zum Schluss die Spätburgunder, Rheingau, Franken, Pfalz, Baden. Wenn man so viele verschiedene Weingüter und Lagen nebeneinander probiert, stellt sich doch eine bestimmt Stilistik der Weingüter und Typizität der Lagen heraus. Manchmal bin ich nicht schnell genug und die Helfer übersehen mich, das ist aber nicht schlimm, denn prompt kommt ein weiterer Helfer herbeigeeilt. An dieser Stelle: „Danke an alle fleißigen Hände!“

Nach zwei Stunden wird es nicht einfacher und ich muss mich schon sehr konzentrieren, um mein Verkostungsschema beizubehalten. Farbe, Nase, Mund, Nachhall, Bewertung, so verkoste ich – gern dazu noch mit einer Speiseempfehlung.
Mittlerweile rennt die Uhr wirklich und es sind nur noch zweieinhalb Stunden Zeit. Ich bin erst in der Pfalz angekommen, obwohl ich wirklich Gas gebe. Für kleine Schwätzchen untereinander ist keine Zeit, nur ein kurzes Zunicken zu den Kollegen, die ebenfalls nicht viel Zeit haben.

Geschafft. Alle Weine verkostet, die ich mir notiert hatte und zufrieden mit der sehr konzentrierten Arbeit. Mittagessen habe ich durch zwei trockene kleine Brötchen ersetzt und die Verkostung durchgezogen. Dafür werde ich gleich schön gemütlich essen gehen, vielleicht im Bistro vom Kronenschlösschen, da kann ich in Ruhe nacharbeiten.

Gute Weine und gutes Essen

Gesagt, getan! Jetzt sitze ich hier mit einem Glas Champagner – etwas Prickelndes tut immer gut (!) – und genieße den Park, die Sonne und das Menü ist auch schon bestellt. Im Hauptgang gibt es Schnitzel. Dazu trinke ich, da ich heute so viele junge Weine verkostet habe, dringend etwas Älteres. Nach intensiver Weinkartenrecherche habe ich mich für eine Flasche 1995 Nonnenberg von Breuer entscheiden. 1992 aus der Doppel-Magnum ist mein unbestrittener Lieblingswein und ich bin sehr gespannt, wie der 1995iger ist.

Leider sind bei allen vier Flaschen die Füllhöhen nicht optimal und Florian Richter, der hiesige Mâitre und Sommelier, hat noch eine 1996er parat. Es ist keine schlechtere Wahl, wie sich im Glas herausstellt: Tiefes goldgelb im Glas, die Aromen erinnern an kandierte Früchte, im Mund trocken, aber die Fruchtaromen wiederholen sich, ebenfalls exotisch, in der Nase eher opulent aber im Mund unglaublich, leichte elegant, feine Säure ein sehr lebendiger Wein. Gute Wahl Herr Richter! Während ich nun den Ambrosia genieße, muss „nebenbei“ erst einmal nachgearbeitet werden.

Weinselige Wonne von Tim Fröhlich

Meine Favoriten: die Weine von Tim Fröhlich sind und bleiben bei mir an der Spitze. So sauber, klar, vibrierend, lebendig, geradlinig – einfach schon eine Wonne, sie nur riechen zu dürfen.

Ganz vorne mit dabei: Felseneck – allerdings auch der Halenberg von Tim. Blitzsauber! Ein anderer großer Wein von der Nahe für mich: Hermannshöhle von Dönnhoff ein sehr helles, klares Goldgelb, apfelig in der Nase. Knackig und saftig wirkt er, wenn man an ihm riecht. Eine sehr dezente Restsüße, feine Säure – das macht ihn sehr lebendig, straffer Wein!!! Bleibt lange im Nachhall, wird ein langes Leben haben. Elegant und mineralisch, sehr gut.

Ein anderer nimmermüder Vertreter war das Brunnenhäuschen von Wittmann. Hellgelb, grüne Reflexe, Braeburn, Cox Orange Apfel deutlich in der Nase. Sehr elegant und verhalten in der Nase. Mineralisch, feine Säurestruktur, um die sich der Körper rankt. Ein eindeutig sehr femininer Wein!!! Fazit: Genialer Stoff.

Weingut Winter

Seit ein paar Monaten habe ich die Weine vom Weingut Winter auf der Karte im Söl’ring Hof, und meine Wahl wird heute bestätigt. Die drei GGs haben mir sehr gut gefallen:

Leckerberg – kräutrig, saftiger Apfel, dezente Bittermandel, vordergründige Säure, die aber nicht überlagert, mittlerer Körper, bleibt richtig lange im Mund. Klare Frucht, gut herausgearbeitet, geschliffen.

Geiersberg Winter – wirkt breiter in der Nase mit Pfirsichnoten. Ist kräftiger und hat ebenfalls diese elegante Säurestruktur, sehr gut. Hat insgesamt mehr Fülle und Körper. Pampelmuse im Nachhall.

Kloppberg – wirkt in der Nase etwas verhaltener als die beiden Vorgänger, hat aber auch eine sehr gut herausgearbeitet Frucht, fast etwas von Zitrusschalen, die Säure ist etwas pieksig, allerdings auch sehr vibrierend. Bleibt im Mund.

Aus der Pfalz haben mir besonders gut die Kirchenstück von Bürklin Wolf und von Buhl gefallen, aber auch der Pechstein von Buhl war grandios, kandiertes, exotisches Fruchtmonster in der Nase. Im Mund allerdings von der Säure gezähmt.

Riesling Centgrafenberg von Fürst hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm, aber der hat sich sehr elegant präsentiert.

Aber jetzt mal weg vom Riesling… Ein MEGA Stern heute auf der Verkostung war für mich:

Schlossberg Huber – Baden: Nicht so viel Röststoffe, typische Chardonnaybanane , Tonkabohne, Muskat, würzig, Sehr elegant. Puh ist der gut!!! Leider trinkt man die Weine immer zu früh oder man hat zu wenig im Keller, dass man etwas weglegen könnte – Liebe 2016er GGs, den einen oder anderen von euch sehe ich in 20 Jahren garantiert wieder!

So. Jetzt mag ich nicht mehr über junge Weine berichten, sondern genieße den 1996er Nonnenberg.
Herzliche Grüße aus der Weinwelt!